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Blog: Chefhandicapper Harald Siemen

Veteranentreffen

9. September 2020

Der Begriff des Veterans findet ja über seine eigentliche Bedeutung innerhalb des Militärs hinaus auch Verwendung für Personen oder Sachen, die altgedient sind und sich über lange Zeit bewährt haben. So kommt – um ein Beispiel zu nennen – der VW-Bulli in seiner Größe so richtig erst beim alljährlichen Bulli-Veteranentreffen auf Fehmarn zur Geltung. Ähnliches kann für die zahlreichen Trecker- oder Motorrad-Oldtimertreffen gelten. Es gibt sogar einen „Veteranen-Fahrzeug-Verband (VFV)“, der Seminare und Workshops anbietet, bei denen die Mitglieder nicht nur fachgerechte Blechbearbeitung und andere technische Kniffe lernen können – auch abendliche „Benzingespräche“ sollen das individuelle Wissen erweitern. So steht es jedenfalls auf der Webseite des Verbandes.
Auch am vorherigen Samstag, beim ersten Renntag der Großen Woche in Iffezheim, durfte von einem Veteranentreffen gesprochen werden. Gemeint ist damit das Zusammentreffen der sieben, acht und neun Jahre alten Galopper Wai Key Star, Itobo und Potemkin im G3-Preis der Sparkassen Finanzgruppe. Auch sie sind altgedient und über die Jahre hinweg bewährt, bei zusammen 93 Starts haben sie im Laufe der Jahre 32 Rennen gewonnen. Auch diesmal waren sie den meisten ihrer jüngeren Konkurrenten voraus, denn aufsteigend nach ihrem Alter kam Wai Key Star als Sieger, Itobo als Zweiter und Potemkin als Vierter ins Ziel. Ist das nun ein gutes Zeichen in dem Sinne, dass diese Drei beispielhaft sind für Härte und Leistungsbereitschaft des Vollblüters, oder soll man das Ergebnis eher als Scheitern jüngerer Generationen werten? Wahrscheinlich sind beide Deutungen zulässig. In früheren Jahren übrigens, genauer gesagt bis 1963, galt ein Pferd, das älter als sechs Jahre war, offiziell als „alt“. Man verzichtete dann auf eine genaue Altersangabe. Im Jahresrennkalender 1963 wird zum Beispiel Waidmann aus dem Gestüt Ravensberg bei seinem Sieg im Gerling-Preis als „a.schwb.H.“ ausgewiesen, als alter schwarzbrauner Hengst.

Baden-Baden - 05.09.2020: Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gr. III) - Sieger: Wai Key Star

Wai Key Star war ja – einige werden sich erinnern – vor vier Jahren mit der Nummer 1 im Deutschen Derby unterwegs und wurde auf tiefem Geläuf hinter Isfahan, Savoir Vivre und Dschingis Secret Vierter. Er hatte sich, damals noch bei Andreas Wöhler in Training, die Pole-Position im Derby als leichter Sieger im Iffezheimer G3-Ittlingen Derby-Trial verdient. Dafür gab es von den Handicappern 96 Kilo, eine Marke, die er im Derby bestätigte und die er kurz darauf mit einem 4 ½-Längen-Sieg im damals in Hannover gelaufenen Fürstenberg-Rennen noch auf 97 kg steigerte. Auch später war er noch mehrfach auf ähnlichem Niveau unterwegs, kam 2018 und 2019 auf ein Jahres-GAG von 95,5 bzw. 96 kg. Dazwischen streute Wai Key Star aber auch immer wieder schwächere Leistungen ein. Er ist eben ein intelligentes Pferd und gewöhnte sich an, selbst zu entscheiden, wann es Zeit ist sich anzustrengen. Er mag es nicht, dominiert zu werden – so drückte es seine Reiterin Sibylle Vogt nach dem Sieg am Samstag aus.
Den Iffezheimer Sparkassen-Preis hat Wai Key Star bekanntlich schon einmal gewonnen. Vor zwei Jahren war das, als er den damals in Hochform befindlichen Va Bank nach Zielfoto bezwang. Vermutlich war das seine beste Leistung überhaupt, auch wenn sie sich im Rating (95,5 kg) nicht entsprechend niederschlug, da Itobo, der Dritter wurde, damals noch nicht voll erkannt war. Sein zweiter Sieg ist jetzt nicht ganz so hoch anzusiedeln. Potemkin steht derzeit „nur“ noch bei 92 kg und über ihn gerechnet ergeben sich für Wai Key Star 93,5 kg (Rating 107). Er behält aber seine 94,5 kg, die er sich im Frühjahr bei seinem dritten Platz hinter Quest the Moon und Durance im Großen Preis der Badischen Wirtschaft verdient hat. Übrigens gehört Wai Key Stars Vater Soldier Hollow auch zu jener eisenharten Sorte, die imstande war, auch siebenjährig noch Höchstleistungen zu zeigen. Er gewann in diesem Alter seinen zweiten G1-Dallmayr-Preis, ein Rennen, in dem Wai Key Star im Vorjahr Zweiter und in diesem Jahr Fünfter wurde. Wie es jetzt mit ihm weitergehen kann ist unklar. Nennungen für kommende Rennen hat er, zumindest in Deutschland, derzeit nicht.

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Nach seinem überzeugenden Sieg in der 150. Casino Baden-Baden Goldenen Peitsche am Sonntag ist Namos endgültig zum besten Flieger in deutschen Rennställen aufgestiegen. So heißt es jedenfalls. So ganz sicher ist das allerdings nicht, denn Waldpfad, der im Vorjahr doch recht deutlich über ihm stand (GAG 96,5 kg), befindet sich immer noch auf der Trainingsliste von Dominik Moser und sollte demnach noch im Rennstall sein. Er ist in diesem Jahr aber noch nicht gelaufen und hat derzeit auch keine Nennungen.

Baden-Baden - 06.09.2020: 150. Casino Baden-Baden Goldene Peitsche (Gr. III) - Sieger: Namos

Ein Sieg in der Goldenen Peitsche ist immer noch etwas ganz Besonderes für einen deutschen Besitzer. In den letzten 40 Jahren ist dies nur Marlene Haller (mit Areion), Georg Baron von Ullmann (Barrow Creek), Gerd Zimmermann (Raffelberger), Hans-Jürgen Buldt (Electric Beat) und Manfred Hellwig (mit Donnerschlag) gelungen. Und jetzt bekommt Namos' Besitzerin Petra Stucke das dekorative Stück demnächst ins Haus nach Berlin geliefert, denn die vor Ort überreichte Peitsche war eine Attrappe. Bedingt durch die unsicheren Zeiten erwartet Juwelier Bielert in Neustadt am Rübenberge den Auftrag zur Herstellung der echten Peitsche erst jetzt, was den Vorteil hat, dass der Name Namos gleich mit draufstehen wird. Außer seinem werden noch die Namen der übrigen 149 Sieger mit Jahreszahl und Namen ihrer Besitzer eingraviert werden – auf einem goldenen Band, das inzwischen eine Länge von drei Metern erreicht hat und das um die Peitsche gewickelt wird, die mit der Zeit auch immer länger geworden ist. In ferner Zukunft wird sie wohl einmal wie ein Wanderstab aussehen.
Bei Lichte betrachtet war ja keine Heldentat nötig, um diesmal die Goldene Peitsche im Lande zu halten. Im Gegensatz zu so manchen Jahren zuvor, als nahezu die Hälfte der Starter aus dem Ausland kamen, war in Zeiten von Corona und halbiertem Rennpreis lediglich die vierjährige Stute Sunday Star aus England nach Iffezheim geschickt worden. Angst und Schrecken konnte sie mit ihren zwei Siegen bei 15 Starts und einem Rating von 103 (91,5 kg) eigentlich nicht verbreiten, aber Sunday Star wurde am Totalisator trotzdem favorisiert. Eine wirkliche Chance hatte sie aber nicht, als Namos nach vorne zog, war das Rennen entschieden. Wir haben mal positiv gedacht und die 90 kg von K Club als Ausgangspunkt für unsere Überlegungen gewählt. Damit kommen wir auf optimistische 95 kg (Rating 110) für den Sieger, der damit seine besten Leistungen um 1,5 kg steigerte. Mal sehen, ob er das bestätigen kann.

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Mit 102.000 Euro ist das BBAG Auktionsrennen Iffezheim für zweijährige Stuten das nach dem Großen Preis von Baden am höchsten dotierte Rennen der diesjährigen Großen Woche. Trotzdem versammelten sich nur sieben Stuten hinter der Startmaschine und nachdem Agentina verwiesen wurde, liefen nur sechs: zwei Debütanten und vier Sieglose. So konnte für die debütierende Siegerin Kahar am Ende nicht mehr als ein Rating von 73 kg herauskommen, für ein Rennen dieser Größenordnung ein Negativrekord. Ein Rennen für Zweijährige über 1200 Meter im September ist vielleicht auch nicht ideal.
Dieses Auktionsrennen gibt es immerhin schon seit 1997, auch damals schon mit 200.000 Mark ausgestattet. Von den bisher 25 Siegerinnen (einmal gab es ein totes Rennen) war die großartige Night Magic die Beste, später Siegerin vor allem im Preis der Diana und im Großen Preis von Baden. Aber auch Satomi, Survey, Cabarita, Devilish Lips und Linton Bay schafften als Dreijährige 90 Kilo oder mehr. Die Umgebung der Siegerin war vom Sieg angenehm überrascht, man sieht in ihr eigentlich eine Steherin. Gute Voraussetzungen für eine Karriere im nächsten Jahr.

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Bei Rennpferden gibt es ja manchmal die tollsten Entwicklungen. Princess Zoe zum Beispiel, eine jetzt fünfjährige Schimmelstute von Jukebox Jury und Halbschwester des Derbyzweiten Palace Prince. Das Gestüt Höny Hof verpachtete die Schimmelstute im Sommer 2018 an den Stall TSF, was man mit TurfSportFreunde übersetzen könnte, tatsächtlich aber steht die Abkürzung für TippSpielForum. Dabei handelt es sich um eine Besitzergemeinschaft mit zurzeit 20 Mitgliedern aus ganz Deutschland. Als Dreijährige gewann die von Stefan Richter in Dresden trainierte Stute ein Sieglosenrennen und ein Handicap in München, 2019 blieb sie bei 10 Starts sieglos, konnte sich aber mehrfach platzieren. Dann endete die Pacht und Princess Zoe wurde mit einem GAG von 68,5 kg nach Irland verkauft, an den Stall von Tony Mullins, dem früheren Reiter der Champion Hurdle und Cheltenham Gold Cup-Siegerin Dawn Run. Nach einem zweiten Platz bei ihrem Debüt am 23. Juni unter der günstigen Handicap-Marke von 64, gewann Princess Zoe zwischen dem 18. Juli und dem 1. August drei Handicaps, das Ladies Derby auf dem Curragh und zwei Super-Handicaps (darunter eines über 3400 Meter) auf dem Galway Festival. Sie verdiente dabei 102.790 Euro und steigerte ihre Handicapmarke auf 101 (90,5 kg). Gestern nun setzte die Stute ihren kometenhaften Auftsieg fort und gewann ein stark besetztes und mit 22.125 Euro dotiertes Listenrennen gegen Ennistymon (Zweite zur Superstute Love in den Epsom Oaks), womit sie ihre Handicapmarke weiter gesteigert haben dürfte. Man hat jetzt große Pläne mit ihr und peilt den G1-Prix du Cadran im Oktober in Longchamp an. Danach soll sie auf die Hürdenbahn wechseln mit dem Ziel Cheltenham.

 

Deutscher Galopp

Die neue Marke Deutscher Galopp (ehemals GERMAN RACING) bildet die große Dachmarke, unter der spannende Pferderennen und stimmungsvolle Veranstaltungen auf den deutschen Rennbahnen stattfinden. Gleichzeitig fungiert die Marke als Oberbegriff für den Galopprennsport in Deutschland.

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