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Ein Pferdeleben

STATIONEN EINES VOLLBLÜTERS

Alle Vollblüter in unseren Breiten haben am 1. Januar Geburtstag und werden dann ein Jahr älter. Aus Fohlen werden Jährlinge, aus Jährlingen Zweijährige und langsam beginnt die Rennkarriere.

 
 

Der Züchter muss also aufpassen, dass das Fohlen nicht etwa schon am Silvestertag auf die Welt kommt, denn dann wäre es ein paar Stunden später bereits ein Jahr alt. Dies würde die Karriere des Fohlens negativ beeinflussen, da es zu seinen Altersgenossen einen Entwicklungsrückstand von einem Jahr hätte. So etwas kommt aber praktisch nie vor. Da die Tragezeit einer Stute elf Monate beträgt, beginnt die Decksaison (also die Zeit, in der die Stuten die für sie ausgesuchten Hengste 

besuchen) am 15. Februar und sie dauert für gewöhnlich nicht über den 1. Juni hinaus. In der Vollblutzucht auf der ganzen Welt ist die künstliche Besamung, die in der übrigen Tierzucht seit langem als Standard gilt, verboten. Hierdurch soll eine züchterische Vereinseitigung verhindert werden, die ansonsten bei der großen Nachfrage nach meist nur wenigen Deckhengsten mit herausragender Werbungskraft unweigerlich eintreten würde.


 

Anfänge

Fohlen und Jährling

Fohlen auf der Koppel

Durch den Zwang zum Natursprung macht das junge Vollblutfohlen meist schon in seinen ersten Lebensmonaten Erfahrungen wie andere Fohlen ihr ganzes Leben nicht. Denn falls der vom Züchter als nächster Partner ausgesuchte Hengst nicht zufällig im selben Gestüt steht, macht das Saugfohlen mit seiner Mutter oft schon Reisen, da die heutige Vollblutzucht kaum noch Grenzen kennt und zu erfolgreichen Deckhengstes weite Anreisen in Kauf genommen werden. Den ersten wesentlichen Lebenseinschnitt im Leben des jungen Vollblüters markiert das Absetzen von der Mutter, das meist nach fünf bis sechs Monaten geschieht. 

Das Fohlen ist dann „Absetzer“ und darf mit seinen Spielkameraden auf die Koppel und dort bis weit ins Jährlingsalter hinein bleiben. Im Sommer des zweiten Lebensjahres beginnt dann langsam „der Ernst des Lebens“. Soll der Jährling auf eine Auktion, muss er hierauf vorbereitet werden: Gewöhnung an Trense und Gurt, Führen, Longieren, Pferdetransporter. Auch muss er mit Umwelteinflüssen vertraut gemacht werden wie Autos, Lärm, Sonnenschirme etc. Und um einen guten Eindruck bei potentiellen Käufern zu machen soll der Jährling auch lernen sich gut zu präsentieren.

Wird der Jährling auf der Auktion verkauft, kommt er entweder sofort in den Rennstall, oder er geht noch einmal für eine kurze Zeit zurück ins Heimatgestüt oder – wenn vorhanden – ins Gestüt oder auf den Hof seines neuen Besitzers. Aber ob Auktionspferd oder nicht: im Herbst ist es meist soweit, dass die Jährlinge in den Rennstall einrücken, um dort von einem Trainer auf die Rennlaufbahn vorbereitet zu werden. 

Ist der Jährling noch zu wenig entwickelt oder auch aus anderen Gründen kann sich die Übergabe an den Rennstall auch bis ins Frühjahr des folgenden Jahres hinauszögern. In jedem Fall aber muss das junge Pferd – falls dies nicht schon „zu Hause“ im Gestüt geschehen ist – angeritten, also an Sattel und Reiter gewöhnt werden. Bevor das geschieht, muss sich jedes junge Pferd einer strengen Untersuchung unterziehen. Bevor ein Vollblüter gesattelt und geritten werden darf, wird er auf physische und psychische Unversehrtheit untersucht um sicher zustellen, dass nur vollkommen gesunde Pferde mit dem Training beginnen.

 

Alltag

Leben im Rennstall

Vollblut im Rennstall

Ist das Anreiten geschehen, wird der jetzt meist Zweijährige, an die „Arbeit“ herangeführt, an den täglichen Ablauf in einem Rennstall. Er wird lernen sich in Schritt und Trab zu bewegen und Canterarbeit zu verrichten, also im Verbund oder mit einem oder zwei Gefährten mehr oder weniger schnell zu galoppieren um so schließlich in Rennkondition zu gelangen. Der Trainer wird wissen, ob und wann er dem Zweijährigen einen Start im Rennen zumuten kann. Im Durchschnitt kommt ungefähr ein gutes Drittel der Vollblüter bereits zweijährig mindestens einmal an den Start. Mehr als drei Starts sind in Deutschland in diesem Alter selten. Anderswo, z. B. in England, starten Zweijährige häufig erheblich öfter.

Bevor es jedoch für die zukünftigen Rennpferde zum ersten Start geht, werden sie einer weiteren Untersuchung durch speziell geschulte Tierärzte unterzogen. Dort wird die Gesundheit und die mentale Stärke untersucht, die es braucht, um Rennen zu bestreiten. Die Untersuchung ist dabei für alle Pferde Pflicht, egal ob zwei- oder vierjährig.

Üblicherweise leben Pferde im Rennstall in einem Umfeld, dass einem Fünf-Sterne-Hotel entspricht. Sie werden bestens gefüttert, weich gebettet und erhalten eine erstklassige Pflege, Aufmerksamkeit und tierärztliche Versorgung. Der Tagesablauf folgt einer strengen Routine, an den sich das Rennpferd gewöhnt und das ihn ruhig und ausgeglichen macht.

 Der typische Tagesablauf gestaltet sich häufig so, dass um fünf Uhr morgens das erste Futter gegeben wird. Ab sechs Uhr bis zum Mittag wird gemistet, geputzt und die Konditionsarbeit verrichtet. Jedes Pferd wird dabei ungefähr eine bis anderthalb Stunden bewegt. Danach gibt es ein zweites Futter. Von ein Uhr bis ca. 16 Uhr ist Pause, die Pferde ruhen, das Personal häufig auch. Am späten Nachmittag werden alle Pferde noch einmal auf Verletzungen und Wohlbefinden hin untersucht, und oft kommen sie dann nochmal auf Paddocks oder dürfen an der Hand des Pflegers etwas grasen. 

In immer mehr Ställen gehen die Pferde über den Nachmittag in kleinen Gruppen auf Koppeln und nur für die Nacht kommen sie wieder rein. Abends erfolgt dann ein letzter Check, wobei noch etwas Futter gegeben werden kann. 

Wichtig für alle Pferde im Rennstall ist eine gute Atmosphäre, womit nicht nur Luft und Licht gemeint ist, sondern auch die soziale Atmosphäre unter den Mitarbeitern. Vollblüter sind sensible Tiere und reagieren sofort auf Unregelmäßigkeiten und schlechte Stimmung.

 

Arbeit

Am Renntag

Starter im Führring

Soll das Pferd Rennen laufen, wird die übliche Routine geändert. Eine Stunde vor der Abreise zum Rennplatz wird noch einmal gefüttert. Viele Trainer streben an, dass ihr Pferd einige Stunden vor Rennbeginn eintrifft, damit es im Gaststall auf der Rennbahn noch ausruhen kann.
Eine knappe Stunde vor dem Start wird das Pferd dann „fertig gemacht“, es wird vom Pfleger gründlich geputzt und entweder im Stall selbst gesattelt, oder aber vom Gaststall zu den Sattelboxen auf die Rennbahn gebracht.

Von dort aus geht es dann 20 Minuten vor dem Rennen in den Führring, wo die Pferde dem Rennbahnpublikum vorgeführt und schließlich nach ungefähr 10 Minuten von den Reitern bestiegen werden. Vom Führring aus geht es dann auf die Bahn, wo der Jockey mit seinem Pferd den Aufgalopp absolviert. Dies wird einerseits für das Publikum gemacht, damit jeder seinen Favorit vor dem Rennen in der Galoppade beobachten kann. Andererseits, und das ist der Hauptgrund, um vom Tierarzt und der zuständigen Rennleitung begutachtet zu werden. Egal ob im Führring oder beim Aufgalopp auf der Bahn oder vor der Startstelle, die Pferde stehen konstant unter Beobachtung, damit nur komplett gesunde Pferde an den Start kommen können.

An der Startstelle wird der Reiter noch einmal den Sitz der Gurte überprüfen bevor es dann in die Startboxen geht und das Rennen beginnt. Nach dem Rennen wird das Pferd zurück in den Gastboxenbereich gebracht und dort noch eine halbe bis dreiviertel Stunde geführt.  In dieser Zeit beruhigt sich der Kreislauf des Pferdes und der Pfleger nutzt diese Zeit um das Pferd auf Verletzungen oder sonstige Auffälligkeiten zu untersuchen. Wird das Pferd für eine Dopingprobe ausgewählt, wird es in einen speziellen Boxenbereich gebracht und dort auch erstmal "trocken" geführt. Wenn das Pferd einigermaßen ruhig ist, wird es in eine Box gebracht, wo eine Urin- oder auch eine Blutprobe zur Untersuchung auf unerlaubte Substanzen entnommen wird. 

Am nächsten Tag wird der Trainer sich genau vom Gesundheitszustand überzeugen und das Pferd zum grasen rauslassen. Üblicherweise haben die Pferde nach einem Rennen einige Tage „frei“ von der ernsthaften Arbeit und werden nur leicht gymnastiziert.

 

Rente

Ende der Rennlaufbahn

Freizeitreiterin mit Pony

Für jedes Rennpferd kommt irgendwann der Tag, an dem es den Rennstall für immer verlassen muss. Die meisten Stuten, vor allem, wenn sie ordentliche Rennleistungen gezeigt haben oder wenn sie über eine gute Abstammung verfügen, werden in die Zucht genommen und verbringen ihren zweiten Lebensabschnitt in großen Gestüten mit weitläufigen Koppeln. Das gilt auch für die allerbesten Hengste, die als Deckhengste in der Vollblut- oder auch Warmblutzucht eingesetzt werden. 

Für alle anderen Hengste, Wallache und Stuten, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Karriere beenden und nicht für die Zucht geeignet sind, gilt es neue Plätze zu finden. Hier sind Besitzer und Trainer in der Verantwortung.

Ex-Rennpferde machen häufig noch in anderen pferdesportlichen Disziplinen als Spring,- Dressur oder Vielseitigkeitspferde Karriere oder eignen sich ganz ausgezeichnet als Partner für pferdesportbegeisterte Freizeitreiter. Eine Begleitung durch ein „Umtraining“ beim Wechsel vom Rennstall in eine weitere Verwendung ist da sehr hilfreich und wird auch vielfach angeboten. Hat sich der Vollblüter erst einmal an seine neue Aufgabe gewöhnt, dann ist er dank seiner seiner Intelligenz, seiner Aufnahmefähigkeit und seines Charakters ein idealer Partner für den Reitsport.

Deutscher Galopp e.V. unterstützt unterschiedliche Organisationen die sich auf das "Rehoming" und die Umschulung von Ex-Rennpferden spezialisiert haben, da die Verantwortung gegenüber dem Vollblut nicht mit Beendigung der Rennkarriere endet.

 

Deutscher Galopp

Die neue Marke Deutscher Galopp (ehemals GERMAN RACING) bildet die große Dachmarke, unter der spannende Pferderennen und stimmungsvolle Veranstaltungen auf den deutschen Rennbahnen stattfinden. Gleichzeitig fungiert die Marke als Oberbegriff für den Galopprennsport in Deutschland.

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