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Blog: Chefhandicapper Harald Siemen

Plötzlich ein Star – aber was nun?

4. August 2021

Wie einem alten Spruch nach die Vorfreuden auf eine Reise im Allgemeinen schöner sind als die Reise selbst, so verspricht häufig auch ein großes Rennen mehr, als es dann schließlich hält. Es gibt aber auch Fälle, in denen es umgekehrt ist. Wenn also ein Rennen, das einem recht rätselhaft vorkommt und bei dem man nicht mit Sensationen rechnet, plötzlich zum Ereignis wird.

Ein solches Rennen war am vorigen Sonntag der 163. Henkel Preis der Diana auf der Düsseldorfer Rennbahn. Ähnlich wie schon beim Derby war man sich über die Qualität der Teilnehmerinnen nicht ganz im Klaren, und so gab es auch keine Favoritin, sondern gleich ein halbes Dutzend davon. Aber als das Rennen dann vorbei war, hatte der deutsche Galoppsport mit Palmas einen neuen Star.

Einen Preis der Diana mit sechs Längen Vorsprung gegen 15 Gegnerinnen zu gewinnen, ist ja keine Alltäglichkeit. Genau genommen ist es in den vergangenen hundert Jahren nur vier Stuten gelungen, einen größerem Vorsprung herauszuarbeiten: Schwarzgold (1940 in Hoppegarten) und Königswiese (1947 in Düsseldorf) siegten mit „Weile“, also mit mehr als zehn Längen, Majorität 1987 mit neun und Ipanema 1968 mit acht Längen, beide in Mülheim. In der Endphase dieser „Diana“ fühlte man sich an Novemba erinnert, die im Frühjahr in den 1000 Guineas mit einem ähnlichen Monster-Vorsprung erfolgreich war. Mit einer derartigen Überlegenheit konnte ja niemand rechnen, denn die beiden vorherigen Formen von Palmas waren zwar gut, aber doch nicht außerordentlich. Sie stand im Diana-Feld auch nur an zehnter Stelle, so dass ihre Position am Wettmarkt als zweite Favoritin fast etwas überraschen musste. Es muss also eine positive Stimmung für sie gegeben haben, was immer ein gutes Zeichen ist.

Palmas ist jetzt also nach drei Rennen noch ungeschlagen. Nur zwei Starts vor dem größten klassischen Rennen für eine Stute – das hat es vorher schon ein paar Mal gegeben, aber noch nicht, seitdem die Diana vom Juni in den August gelegt worden ist. Es gibt sogar eine Stute, die vor ihrem Diana-Sieg erst einmal gelaufen war. Das war Padang, die bei ihrem Lebensdebüt im April 1985 mit „Weile“ gewann, aber wegen Nachweises eines unerlaubten Mittels disqualifiziert und für sechs Wochen gesperrt wurde. Der Preis der Diana, den sie dann am 26. Mai 1985 als 28:10-Favoritin mit Georg Bocskai überlegen gewann, war also erst ihr zweites Rennen. Ihre Mutter hieß übrigens Palmas. Verwandtschaft zur jetzigen Palmas besteht allerdings nicht.

Jetzt aber ans Eingemachte: was war dieser Sieg wert? Siegerinnen im Henkel Preis der Diana haben in jüngerer Zeit, also seit dem Jahre 2000, mehrfach respektable Ratings erreicht. Die Beste war Dancing Rain, die 2011 für ihren 3 ½-Längen-Sieg gegen die gute Djumama 98,5 kg (Rating 117) bekam und dabei eine bessere Leistung zeigte als bei ihrem Sieg in den Epsom Oaks zwei Monate zuvor. In der Rückschau etwas überraschend erhielt Lacazar mit 97 kg die zweithöchste Marke, danach folgen mit jeweils 96,5 kg Serienholde, Turfdonna, Night Magic, Rosenreihe und Mystic Lips.

In diese Reihe gehört seit Sonntag auch Palmas, denn ihre neue Marke von 96,5 kg (113) ergibt sich bei einer Rechnung über Walkaway und Anoush, die mit jeweils 90 kg ins Rennen gegangen waren und ihre Form als Viert- und Fünftplatzierte wieder eingestellt haben, jedenfalls nach Überzeugung der Ausgleicher. Von den vier Diana-Siegerinnen des Gestüts Etzean ist sie nach Feodora die zweite, die in den Farben ihres Züchters gewonnen hat, Night Magic und Miss Yoda wurden schon als Jährlinge abgegeben.

Trotz all dem Positiven muss man sich um die Zukunft von Palmas etwas sorgen. Denn seit dem Jahr 2000 haben von 21 Diana-Siegerinnen neben der Engländerin Dancing Rain nur Next Gina und Night Magic anschließend noch gewinnen können: Next Gina ein kleines Altersgewichtsrennen, Night Magic – die große Ausnahme – den Großen Preis von Baden und zweimal den Badener Frühjahrs-Grand-Prix. Eine deprimierende Bilanz für unsere Diana-Siegerinnen, die sich im Gestüt allerdings mehrheitlich umso besser geschlagen haben. Was bei Palmas noch irritiert ist die Tatsache, dass sie keine weiterführenden Nennungen besitzt, nicht für den Zastrow-Stutenpreis, den Großen Preis von Baden oder den Preis von Europa. Soll sie vielleicht gar nicht mehr hier laufen, oder sogar gleich verkauft werden, wie so viele ihrer Vorgängerinnen?

 

* * *

Der Große Dallmayr-Preis ist unser bestes Rennen über die 2000-Meter-Distanz und gehört seit 1990 zu den Eliterennen der Gruppe 1. Wer gewinnen will, muss mindestens 98 Kilo zeigen (Siegerinnen 96,5), nur zweimal reichte etwas weniger (Lord of England 97,5, Guiliani 96,5). Die beste Leistung aller bisher 32 Sieger zeigte Pastorius bei seiner 8-Längen-Gala, vier Wochen nach seinem Derbysieg 2012 gegen Novellist. 101 Kilo gab es damals dafür. Er war schon ein großartiges Rennpferd und ich war auch dabei, als er später im Jahr in den Champion Stakes den großen Frankel herausforderte, was natürlich ein unmögliches Unterfangen war, zumal mit Cirrus des Aigles und Nathaniel weitere Weltklassepferde dabei waren. Er hielt sich aber gut, wurde Vierter. Solch ein Pferd haben wir derzeit nicht, zumindest nicht auf der 2000-Meter-Distanz, die im internationalen Rennsport immer wichtiger wird, bei uns aber weiter eine nur untergeordnete Rolle spielt. Dafür folgen jetzt bis Saisonende noch vier Gruppe I-Rennen über 2400 Meter, wobei die Frage erlaubt sei, ob das noch zeitgemäß ist.

Mit dem bemerkenswerten Skalleti stand der Sieger diesmal theoretisch schon zum Zeitpunkt der Nachnennung vier Tage vorher fest. Praktisch war das für den 13:10-Favoriten dann Mitte der Zielgeraden der Fall, als sein Reiter mit ihm vom letzten Platz kommend in Front zog und sich auf fünf Längen Vorsprung verabschiedete. Man hätte sich schon gewünscht, dass unsere Pferde etwas mehr Gegenwehr gezeigt hätten, aber auch diesmal hat das Wünschen nicht geholfen. Grocer Jack, No Limit Credit und Lord Charming liefen alle ihre Form aus, aber eben auch nicht mehr, so dass die Rechnung eine leichte Übung war und für den Sieger 99,5 kg (Rating 119) ergibt. Hätte es Gerald Mossé im Sattel von Skalletti darauf angelegt, wäre wohl noch etwas mehr möglich gewesen. 

Aber auch so zeigte der Schimmel seine beste Saisonleistung, ist in diesem Jahr nach vier Starts weiter ungeschlagen und für weitere, große Aufgaben gerüstet. Nach Benbatl, Danceteria und Barney Roy im Vorjahr ging der Dallmayr-Preis damit zum vierten Mal infolge ins Ausland. Der letzte deutsche Sieger war 2017 der großartige Iquitos, neben Pastorius, Tiger Hill und Germany auch einer von nur vier deutschen Dallmayr-Siegern, die auch Gruppe I-Rennen über 2400 Meter gewonnen haben.

 

Deutscher Galopp

Die neue Marke Deutscher Galopp (ehemals GERMAN RACING) bildet die große Dachmarke, unter der spannende Pferderennen und stimmungsvolle Veranstaltungen auf den deutschen Rennbahnen stattfinden. Gleichzeitig fungiert die Marke als Oberbegriff für den Galopprennsport in Deutschland.

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