Login
Online-Service
Schliessen
Login

Ocean Fantasy in Baden-Baden hauchdünn vor Tickle Me Green

Epischer Winterkönigin-Thriller

Baden-Baden 20. Oktober 2019

Das bedeutendste Rennen für zweijährige Stuten 2019 in Deutschland wurde zu einem Thriller, der die 6.500 Zuschauer beim großen Saisonfinale am Sonntag in Baden-Baden von den Sitzen riss: Nach einem epischen Kampf gewann die von Jean-Pierre Carvalho (Bergheim) für das Gestüt Höny-Hof der Familie Hellwig trainierte Ocean Fantasy als 11,7:1-Außenseiterin den Preis der Winterkönigin (Gruppe III, 105.000 Euro, 1.600 m) unter dem Italiener Michael Cadeddu mit einem kurzen Kopf Vorsprung gegen Tickle Me Green (Maxim Pecheur).

Beide Pferde lieferten sich ab Mitte der Zielgeraden ein packendes Duell, aus dem die Make Believe-Tochter als hauchdünne Siegerin hervorging. 60.000 Euro gab es als Siegbörse für ihre Besitzer. Trainer Jean-Pierre Carvalho stellte seine erste Winterkönigin: „Die Vorbereitung von Ocean Fantasy hatte super geklappt. Sie war nicht so frühreif und musste zuletzt noch Erfahrungen sammeln. Ihr Hauptziel war immer dieses Rennen. Sie mochte den weichen Boden und die Distanz, das war bei den heutigen Bedingungen schon sehr wichtig. Auch meine andere Starterin, Shenouni, lief als Vierte bestens. Es war erst ihr zweiter Start.“

Siegjockey Michael Cadeddu ergänzte: „Wir hatten schon ganz großen Mumm, auch wenn Grupperennen für zweijährige Stute meistens sehr offen sind. In Hannover hatte Ocean Fantasy auf solchem Boden schon gut gewonnen. Als sie heute vorne war, ging sie nicht richtig von den anderen Pferden weg, aber sie ist eine Riesenkämpferin und Steherin, das hat sie heute bewiesen. Ich habe für nächstes Jahr große Hoffnungen.“

Ocean Fantasy vereitelte den fünften Erfolg in Serie von Champion Markus Klug: „Es ist natürlich sehr schade, wenn man so knapp verliert, aber die Stute hatte einen tollen Rennverlauf und eine Klasse-Leistung gezeigt“, berichtete der Coach. Lange stand die Prüfung im Zeichen von Tabera, die an der Spitze erst ganz zuletzt passen musste und Dritte wurde. Trainer Miltcho Mintchev: „Wir haben natürlich nicht so große Vergleichsmöglichkeiten wie andere Ställe. Aber Tabera ist ein tolles Pferd. Sie hat sich stark aus der Affäre gezogen.“ Ihr Jockey Eduardo Pedroza kommentierte: „Wir hatten einen optimalen Rennverlauf. Ich konnte vorne alles schön einteilen. Erst auf den letzten 100-150 Metern wurde sie etwas müde.“

Die viertplatzierte Shenouni kam noch besser ins Bild, doch sagte ihr Partner Filip Minarik: „Sie ist super gelaufen, der vierte Platz ist entschuldigt, sie hat unterwegs ein Eisen verloren, sonst wären wir sicher Dritter geworden.“ Die Favoritin Schwesterherz konnte sich als Sechste nicht steigern, wurde auf der Geraden aber auch gestört.

Nancho der neue Star aus Ungarn

Nach der Baden-Württemberg-Trophy (Gruppe III, 55.000 Euro, 2.000 m), dem finalen Grupperennen der Saison in Baden-Baden, wurde die ungarische Nationalhymne gespielt: Der von Gabor Maronka trainierte vierjährige Wallach Nancho, im Besitz des Rennstalles Intergaj, für 9.000 Euro bei der BBAG-Jährlingsauktion erworben, dominierte mit Jockey Bayarsaikhan Ganbat in atemberaubender Manier.

Mit siebeneinhalb Längen Vorsprung distanzierte der 5,2:1-Mitfavorit im sechsköpfigen Feld (Akribie war abgemeldet worden) die deutschen Pferde, wobei der Dreijährige Say Good Buy knapp vor dem Favoriten Be My Sheriff Platz zwei erkämpfte.

Es war der zehnte Erfolg für Nancho, einen Sohn des früheren Spitzenzweijährigen Tai Chi, beim 17. Start. Mit 32.000 Euro Siegprämie verdoppelte er seine Gewinnsumme fast.

„Wir wollten es einmal in Deutschland versuchen“

Trainer Gabor Maronka in einem ersten Statement: „Nancho hatte in Ungarn alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Daher wollten wir es einmal in Deutschland versuchen. Er hat großartig gewonnen. Nun machen wir Schluss für dieses Jahr. Ich bin in diesem Jahr Champion in Ungarn. Unser Stall befindet sich 30 Kilometer von Budapest entfernt.“

Jockey Bayarsaikhan Ganbat erläuterte: „Ich hatte Mumm auf das Pferd, denn ich hatte mir viele Videos von ihm auf Youtube angeschaut. Natürlich ist Deutschland eine andere Liga als Ungarn, aber er hatte immer sehr überzeugend gewonnen. Nancho hat heute bewiesen, dass er hier und in ganz Europa mithalten kann. Der Trainer hat mich schon öfter in Ungarn und in Deutschland engagiert.“

Sehr zufrieden war Trainergattin Natascha Grewe mit Rang zwei von Say Good Buy und dem dritten Platz von Be My Sheriff, der aus bester Haltung nicht weiterkam: „Say Good Buy ist heute über sich hinausgewachsen. Be My Sheriff hat seine konstante Form einmal mehr bestätigt. Er könnte eventuell noch einmal in München antreten.“

Alexander Pietsch, der Jockey von Say Good Buy, meinte: „Wir sind vorne gegangen und haben früh Druck bekommen. Dann hatte er einen toten Punkt, sich aber noch einmal toll aufgerappelt.“ Be My Sheriffs Partner Adrie de Vries kommentierte: „Er ist gut gelaufen, wir hatten am Knick einen sehr guten Moment. Der Sieger ging dann aber leicht vorbei. Be My Sheriff hatte eine harte Saison, vielleicht ist er auch schon etwas müde.“

Itobo hatte als Vierter nie eine bessere Chance. „Es war ein unruhiger Rennverlauf für Itobo, aber ihm kann man nicht böse sein, er hat in diesem Jahr so viel erreicht. Er geht nun in die Winterpause“, so sein Betreuer Hans-Jürgen Gröschel. Rolando, im Mitbesitz von Klaus Allofs, und Ronaldo hatten nie eine Chance.

Schon in Auktionsrennen war Stall Elsdorfs Vicente nach vorne gelaufen, da musste er in einem 1.400 Meter-Rennen für sieglose Pferde beste Chancen haben. Und mit Michael Cadeddu bekam der 2,5:1-Favorit auch den vorne bestens standhaltenden Turftiger sowie Baron Mayson sehr sicher in den Griff. „Er tat sich erst etwas schwer, braucht auch eine längere Gerade. Für dieses Jahr hat er genug getan“, versicherte Trainer Pavel Vovcenko.

Nachträgliches Geburtstagsgeschenk

In England macht er sich als Nachwuchsjockey einen Namen, hat bislang schon 41 Rennen gewonnen. Doch Thore Hammer-Hansen bewies auch in seiner früheren Heimat Iffezheim, welch großes Talent im Rennsattel er ist. Denn in einem über 1.400 Meter führenden Ausgleich I (22.500 Euro) führte er den von seinem Vater Lennart hier für den Turf Club Baden vorbereiteten Sugar Daddy (4,4:1) zu einem sehr leichten Erfolg. Früh setzte sich der Mitfavorit von dem Seriensieger Majestic Colt, der Rang zwei knapp gegen Call me Mister, hielt, ab.

„Er mag diesen Boden, ich hatte ihm diese Klasse immer zugetraut, Listenrennen kann er auf jeden Fall“, verriet der Reiter, der am Donnerstag seinen 20. Geburtstag feierte. „Das war ein nachträgliches Geschenk für Thore“, erklärte Lennart Hammer-Hansen. „Das Pferd hatte als Dreijähriger gesundheitliche Probleme, die ihn lange zurückgeworfen hatten. Doch jetzt ist Sugar Daddy wieder ganz der Alte. Vielleicht machen wir wieder in Frankreich weiter.“ Jasnins Reiter verlor nach dem Start den Bügel. Numerion sollte neu beschlagen werden, blieb dem Rennen aber dann doch fern.

Das Wett-Spektakel des Meetings

Das Wett-Spektakel des Sales & Racing Festivals war der 1.400 Meter-Ausgleich IV mit einer Garantie-Auszahlung von 40.000 Euro. Hier kam es ausgesprochen formgemäß, denn mit Ice Club (4,5:1) gewann der Favorit knapp mit Hals-Vorsprung gegen den schon in Sicherheit geglaubten Star Gypsy sowie Ashes to Glory und Tribesman, die ebenfalls gut berücksichtigt waren. Bayarsaikhan Ganbat schaffte genau im Ziel noch die Wende auf dem Schützling von Sarah Jane Hellier. „Er hatte hier schon im letzten Jahr über 1.200 Meter gewonnen“, berichtete die Besitzertrainerin mit Freudentränen in den Augen. Die Viererwette bezahlte 2.131,8:1 Euro. Hier kamen allein in der Viererwette gut 45.000 Euro der 90.000 Euro Gesamtumsatz zusammen.

Trainerin Sarah Jane Hellier wird diesen Tag nie vergessen, denn mit Flowerpower (6,6:1) stellte die Weilerswisterin auch die Siegerin im Finale der Sport-Welt-Amateur-Trophy (Ausgleich IV, 1.800 m). Champion Vinzenz Schiergen stellte früh die Weichen auf Sieg, während seine Freundin Helen Böhler mit Taron Dritte hinter The Donald wurde.

Das nennt man genau die richtige Taktik: Carlos Henrique, der schon am Samstag zwei Rennen gewonnen hatte, setzte sich in einem 1.400 Meter-Ausgleich II mit Maya sofort an die Spitze und dominierte von dort mit der 10,1:1-Außenseiterin die Gegnerschaft nach Belieben. Früh stand der Sieg der von Sarka Schütz in Hoppegarten trainierten Stute außer Frage, während Nadelwald wie 2018 mit Platz zwei vorlieb nehmen musste, gefolgt von dem Favoriten Braveheart.

Auch nach drei Starts ungeschlagen bleibt Sabine Goldbergs Jin Jin (4,2:1), die im 1.600 Meter-Ausgleich III Start-Ziel gegen Wangi Wangi und Caro Player sowie Mister Spock regelrecht auf und davon ging. Die Viererwette brachte 3.533,2:1 Euro.

Im abschließenden 2.200 Meter-Rennen der Iffezheimer Rennsaison machten Besitzerin Sabine Goldberg, Trainer Bohumil Nedorostek aus Hannover (auch der Betreuer von Jin Jin) und Jockey Maxim Pecheur ein Doppel perfekt: Perfect Pitch (9:1) legte gegen Molly le Clou und Mathematician immer wieder zu.