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Blog: Chefhandicapper Harald Siemen

Der Assistent sitzt jetzt im Chefsessel

26. April 2023

Die Namensgebung von Rennpferden ist eine Sache, der sich die meisten Züchter oder Besitzer mit Bedacht nähern, obwohl sie sich darüber im Klaren sein müssen, dass keine Anstrengungen, die für solche Überlegungen aufgewendet werden, die Aussichten eines Vollblüters auf eine erfolgreiche Karriere verbessern kann. Gute Namen sind natürlich etwas Schönes, aber ein Rennpferd muss nicht unbedingt einen Namen mit klassischen oder raffinierten Untertönen erhalten, um später einmal Derbysieger zu werden oder große Rennen zu gewinnen. Zu denen, die häufiger einen einfacheren und auch praktischen Ansatz bei der Benennung wählen, zählt das Gestüt Röttgen, das der Praxis folgt, den Namen ihrer Fohlen nicht nur – was selbstverständlich ist – den Anfangsbuchstaben der Mutter voranzustellen, sondern darin auch den Namen des Vaters erkennbar werden zu lassen. Auch bei dem im Gestüt Röttgen gezogenen vierjährigen Hengst Assistent, dem Sieger im G2-Carl Jaspers-Preis am vorigen Sonntag in Köln, ist das der Fall, wenn auch in recht schwach ausgeprägter Form, stammt er doch von Sea The Moon aus der Anna Thea. Nun verleiht der Name Assistent seinem Träger nicht unbedingt eine Aura der Unbesiegbarkeit, verbindet man mit ihm doch eher die Rolle eines Adjutanten und Helfers, was vielleicht auch der Grund dafür ist, dass dieser Name in den inzwischen 40 Bänden des Allgemeinen Deutschen Gestütsbuchs für Vollblut seit 1847 nur zwei Mal auftaucht. Vor dem Röttgener war ein 1978 im Gestüt Buschhof gezogener Hengst der erste Träger dieses Namens im deutschen Rennsport.

Nun also hat Assistent in den Farben von Eckhard Sauren (Mitbesitzer ist weiterhin Liberty Racing, das den Hengst auf der Jährlingsauktion der BBAG 2021 für 58.000 ersteigerte) den renommierten Jaspers-Preis gewonnen und ist damit in eine Chef-Rolle gewachsen. Im vorigen Jahr hat er gerade eben noch den Derbyzug erwischt, als er vierzehn Tage vorher das Derby-Trial in Hannover gewann. Im Derby lief er dann als Vierter ein großes Rennen, konnte das anschließend auch durch einige Platzierungen bestätigen. Ende März kam er im Grand Prix-Aufgalopp in Düsseldorf zu seinem zweiten Sieg, der ihm auch konditionelle Vorteile gegenüber dem großen Favoriten Tünnes bescherte. Die konnte er am Sonntag in Köln-Weidenpesch voll ausspielen und kam zu einem in dieser Form kaum erwarteten Sieg. Vom Ende des Feldes kommend zog er auf den letzten Meter souverän davon und hatte im Ziel etwas mehr als drei Längen Vorteil gegenüber Tünnes. Das war eine handfeste Form, denn der zuverlässige Best of Lips, der sich wieder seiner Bestform nähert, kam zwei weitere Längen zurück auf Rang drei. Über ihn gerechnet kommt Assistent auf eine neue Marke von 97,5 kg (Rating 115) und steigerte sich damit um zweieinhalb Kilo. Das eröffnet interessante Perspektiven für seinen nächsten Start, der beim Frühjahrs-Meeting im Großen Preis der Badischen Wirtschaft erfolgen soll. Dort wird er auf Derbysieger Sammarco treffen, der dort sein Jahresdebüt geben soll.

Und Tünnes? Man weiß immer noch nicht so genau, wo er einzuordnen ist. Seine mit großem Vorsprung errungenen Siege im St. Leger und im Großen Preis von Bayern kamen auf schwerem Geläuf zustande, in Tokio scheiterte er danach auf gut bis festem Boden schon am Start. In Köln waren die Bodenverhältnisse mit gut bis weich annähernd normal, was auch von seiner Leistung gesagt werden kann, denn er hatte immerhin zwei Kilo mehr zu tragen als die Konkurrenz. In Zahlen ausgedrückt kam er auf 97 Kilo, als Saisonauftakt kann man das gelten lassen und es ist gewiss kein Grund, von der Saisonplanung abzuweichen. Die sieht als nächstes einen Start im Coronation Cup am 2. Juni in Epsom vor. Dort ist er einer von derzeit noch 19 Kandidaten, darunter europäische Spitzenklasse wie Adayar, Emily Upjohn, Luxembourg, Onesto und Westover. Sein Trainer Peter Schiergen hat dieses Rennen 2002 bereits mit Boreal gewinnen können, an jenem unvergesslichen Nachmittag, als eine halbe Stunde nach dem Ammerländer auch noch die von Roswitha Grünewald gezogene Kazzia für die Godolphin Stables in den Oaks erfolgreich war.

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Video: Köln, 23.04.2023 - Rennen 6 - Carl Jaspers Preis (Gr.2)

 

Die Galopprennsaison 2023 ist jetzt richtig in Fahrt gekommen. Am kommenden langen Wochenende wird es für den Derbyjahrgang ernst, denn mit Busch-Memorial und Bavarian Classic stehen zwei Gruppeprüfungen für die Dreijährigen mit klassischen Ambitionen an. In Krefeld wird der englische Wallach Brave Emperor der Prüfstein für unsere Dreijährigen sein, er verfügt offensichtlich über beachtliches Können (Rating 101=90,5 kg) und tritt in blendender Form an. Er hat die europäische Rennserie „Road to Kentucky“ als Punktbester abgeschlossen, von einer Teilnahme am Kentucky Derby am 6. Mai hat man jedoch aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten Abstand genommen. Das Bavarian Classic am Montag sieht nach einem richtig starken Rennen aus. Die beiden Gruppesieger Fantastic Moon und Alpenjäger werden voraussichtlich auf einige hocheingeschätzte Maidensieger wie Mr Hollywood, Skylo, Straight und Quality Road treffen.
Vor zehn Tagen bereits hatte es in Düsseldorf das erste Grupperennen gegeben, die G3-Kalkmann Frühjahrs-Meile war mit 13 Teilnehmern außergewöhnlich zahlreich besetzt, aber auch die Qualität konnte sich sehen lassen, denn von den sieben am höchsten eingeschätzten Meilenspezialisten in deutschen Rennställen waren sechs am Start, nur Fire of the Sun fehlte. Das war auch der Grund dafür, dass wir das Rating der drei Erstplatzierten leicht angehoben haben. See Hector steht jetzt bei 95 kg (vorher 94), Western Soldier und Calif rückten ein halbes Kilo vor. Es war ein denkbar knappes Fotofinish zwischen See Hector und Western Soldier, der sich nach fünf Handicap-Siegen in Folge auf Anhieb in der Gruppe 3-Klasse etablieren konnte. See Hector ist ja ein noch relativ wenig gelaufenes Pferd, hat erst acht Starts absolviert. Im Gedächtnis geblieben ist mir besonders sein Lebensdebüt, als er als Zweijähriger im Kölner Auktionsrennen bis in die Zielgerade hinein so weit zurücklag, dass der Rennkommentator ihn aus den Augen verloren hatte. Mit kolossalem Speed lief er noch auf den zweiten Platz, den er aber wegen einer unerlaubten Medikation wieder verlor. Sein erster Sieg war gleich ein klassisches Rennen, denn vor Jahresfrist siegte er in Rom im G2-Premio Parioli, den italienischen 2000 Guineas. Dorthin soll ihn der Weg auch wieder führen, denn man hat für ihn den zur Gruppe II zählenden Premio Presidente della Repubblicca am 21. Mai in der italienischen Hauptstadt im Auge.

Der Winterfavorit FANTASTIC MOON gibt beim WETTSTAR.de - Bavarian Classic (Gr. 3) am 1.05.2023 sein Saisondebüt. /  Foto: Frank Sorge/Galoppfoto.de
Der Winterfavorit FANTASTIC MOON gibt beim WETTSTAR.de - Bavarian Classic (Gr. 3) am 1.05.2023 sein Saisondebüt. /
Foto: Frank Sorge/Galoppfoto.de
 

Deutscher Galopp

Die neue Marke Deutscher Galopp (ehemals GERMAN RACING) bildet die große Dachmarke, unter der spannende Pferderennen und stimmungsvolle Veranstaltungen auf den deutschen Rennbahnen stattfinden. Gleichzeitig fungiert die Marke als Oberbegriff für den Galopprennsport in Deutschland.

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