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Blog: Chefhandicapper Harald Siemen

Freude über Rennen auf grünem Rasen

28. März 2018

Am Ende der Oper „Die schweigsame Frau“ von Richard Strauss sinkt der alte Sir Morosus beglückt in seinen Sessel. „Wie schön ist doch Musik“, singt er, „und wie schön erst, wenn sie vorbei ist.“ Ähnliche Gedanken kamen mir nach den Rennen am vorigen Freitag in Dortmund: „Wie schön sind doch die Sandbahnrennen, doch wie schön erst, wenn sie vorbei sind!“ Zwei Tage später ging es in Düsseldorf und Mannheim endlich wieder los mit Rennen auf grünem Rasen, auf dem wir alle gleich sind (und unterm Rasen sowieso). Aufregend war das Programm noch nicht, aber am Anfang ist man ja schon mit wenig zufrieden. Wer lange hungern musste, stopft ja auch nicht gleich Sahnetorte in sich hinein. Zudem kommt jetzt schon Ostern, da wird es mit der Qualität schon aufwärts gehen. 

Saisonauftakt war auch in England, dort ging es in Doncaster gleich um das mit 100.000 Pfund dotierte Lincoln Handicap, einem der traditionsreichsten und wertvollsten Handicaps des ganzen Jahres. Gegen 19 Gegner setzte sich der zweite Favorit Addeybb durch, der mit einer Marke von 99 (89,5 kg) an den Start ging und mit fast drei Längen gewann; er soll jetzt in Gruppe-Rennen laufen. Seit 1849 gibt es dieses Meilenrennen, das bis 1964 Lincolnshire Handicap hieß und auch in Lincoln gelaufen wurde, bis die Rennbahn dort zugemacht wurde. Zusammen mit der Grand National Steeple-Chase in Aintree bildet das Lincoln Handicap das sogenannte „Spring Double“, was aber eher als Herausforderung an die Wetter gemeint ist. Ein Jockey hat es allerdings tatsächlich geschafft, beide Rennen zu gewinnen. Das war Dave Dick, der 1949 im Lincoln Handicap siegte und 1956 auch in der Grand National, allerdings nur dank des berühmten Zwischenfalls mit Devon Loch. Der lag mit dem später so erfolgreichen Krimi-Autor Dick Francis im Sattel 50 Meter vor dem Ziel klar voraus, sprang aber urplötzlich über einen Schatten und landete auf dem Bauch. Dave Dick konnte mit E.S.B vorbeiziehen und gewinnen, zum Entsetzen der Königinmutter, der Besitzerin von Devon Loch.

Das Lincoln war schon immer ein großes Wettrennen. Besonders schön ist die Geschichte mit Barry Hills, dem englischen Trainer, der 1968 mit einer Wette im Lincoln Handicap sein Leben veränderte. Zu Beginn seiner Laufbahn im Rennsport verdiente Hills als Arbeitsreiter bei freier Kost, Logis und Kleiderzulage 25 Pfund im Jahr, legte aber Ersparnisse für den Tag zurück, an dem er einen großen Coup landen wollte. Dieser Tag kam, als er Reisefuttermeister am Stall von Trainer John Oxley war und den von Oxley trainierten Frankincense im Winter 1967/68 bei den Buchmachern von 33:1 auf 8:1 herunter wettete. Frankincense gewann gegen 28 Gegner und Hills bekam 60.000 Pfund ausbezahlt, nach heutiger Kaufkraft 1,5 Millionen. Davon kaufte er ein Trainingsgelände in Lambourn, das vorher Lester Piggotts Vater Keith gehört hatte, machte sich selbstständig und gewann schon fünf Jahre später, 1973, mit Rheingold de Prix de l´ Arc de Triomphe. Wer mehr darüber wissen will, greife zu Barry Hills Biographie „Frankincense and More“.

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Mit dem Kölner Frühjahrs-Ausgleich hat es über Jahrzehnte hinweg auch ein „deutsches Lincoln“ gegeben. Im Jahr 1900, zwei Jahre nach Eröffnung der Kölner Rennbahn, wurde der Frühjahrs-Ausgleich erstmals gelaufen, bis der Kölner Rennverein das Rennen 2006 sang- und klanglos aus dem Programm nahm. Es hat – man will es kaum glauben - tatsächlich ein Pferd gegeben, das beide Rennen, also den Frühjahrs-Ausgleich und das Lincoln Handicap, gewonnen hat. Das war Over Norton, der 1900 als Dreijähriger den ersten Kölner Frühjahrs-Ausgleich gewann und zwei Jahre später, inzwischen in England trainiert, auch das Lincoln Handicap. Welche Bedeutung das Lincoln damals hatte, zeigt nicht nur die Tatsache, dass eine vierfache klassische Siegerin wie Sceptre, eine der besten Stuten des 20. Jahrhunderts, nur Fünfte wurde, sondern auch, dass sogar die New York Times darüber berichtete (Klick). 

Besitzer von Over Norton war Rudolf G. Binding (1867-1938), ein heute fast vergessener Schriftsteller, auch wenn ein Mann wie Peter Scholl-Latour 1954 über ihn promoviert hat. Erst spät, nach dem Ersten Weltkrieg, entdeckte Binding seine dichterische Ader und stieg dann schnell zu einem der populärsten deutschen Schriftsteller auf. Mit seinem poetischen Werk „Reitvorschrift für eine Geliebte“, 2001 im Olms-Verlag neu aufgelegt, gewann er 1928 bei den Olympischen Spielen in Amsterdam die Silbermedaille. (Kein Witz. Von 1912 bis 1948 wurden bei Olympia auch Kunstwettbewerbe ausgetragen.)

„Reitvorschrift für eine Geliebte“ von Rudolf G. Binding  (2001 im Olms-Verlag neu aufgelegt)
„Reitvorschrift für eine Geliebte“ von Rudolf G. Binding (2001 im Olms-Verlag neu aufgelegt)

Wenn Sceptre das beste Pferd war, das je im Lincoln Handicap gelaufen ist, dann gilt das im Kölner Frühjahrs-Ausgleich für Star Appeal. 1975 liefen in diesem mit einer Skala von minus 36 aufgemachten Ausgleich 18 Pferde. Star Appeal trug 61,5 Kilo, trat also mit einer Marke von 97,5 Kilo an und wurde Zweiter hinter dem Außenseiter Woodstock. Ein halbes Jahr später gewann Star Appeal den Prix de l´Arc de Triomphe.

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Die Bestimmungen über die Zulassung zu Ausgleichsrennen haben sich geändert. Bisher musste ein in Deutschland trainiertes Pferd im laufenden oder vergangenen Jahr entweder gesiegt oder mindestens drei Mal gelaufen sein, um im Handicap startberechtigt zu sein. Kam ein Pferd in diesem Zeitraum nur auf zwei Starts (ohne Sieg), dann musste es sich – wenn es ein höheres GAG als 58 Kilo hatte - in Altersgewichtsrennen neu qualifizieren. Dadurch kam es immer wieder vor, dass ein Pferd, das noch im Dezember im Handicap unterwegs war, sich im Neuen Jahr erst einmal in Altersgewichtsrennen wieder vorstellen musste. Damit ist jetzt Schluss. Ab sofort behält jedes Pferd sein GAG, auch wenn es durch Verletzung oder aus anderem Grund eine längere Rennpause einlegen muss. Die Neufassung der Zulassungsbestimmungen in Nr. 416 und 417 der Rennordnungen finden Sie im Wochenrennkalender Nr. 12 oderhier.

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Deutscher Galopp

Die neue Marke Deutscher Galopp (ehemals GERMAN RACING) bildet die große Dachmarke, unter der spannende Pferderennen und stimmungsvolle Veranstaltungen auf den deutschen Rennbahnen stattfinden. Gleichzeitig fungiert die Marke als Oberbegriff für den Galopprennsport in Deutschland.

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