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Blog: Chefhandicapper Harald Siemen

Der Super Saturday

14. März 2018

Der Begriff „Super Saturday“ stammt - wie so vieles, was wir gut oder auch weniger gut finden - aus Amerika und bezeichnet eigentlich den letzten, für den Handel umsatzstärksten Samstag vor Weihnachten. Er ist darüber hinaus auch Synonym für irgendeinen anderen Samstag mit herausragenden, häufig aber auch nur banalen Ereignissen. Auch im deutschen Galoppsport wird schon einmal vom Super Saturday gesprochen, ich denke da an Bad Harzburg. Das Original findet aber jedes Jahr auf der Meydan-Rennbahn in Dubai statt und steht für das Ende des dortigen Racing Carnivals. Am vorigen Samstag war es wieder soweit. Der Tag ist deswegen so super, weil fünf Gruppe-Rennen auf dem Programm stehen, darunter zwei der Gruppe I. Dazu gibt es noch ein wertvolles Sprintrennen auf der Grasbahn. Alle diese sechs Rennen sind auch Testrennen für den World Cup-Tag am letzten Samstag im März, wenn es um Millionen geht. Die großen Kanonen aus aller Welt sind am Super Saturday aber nur selten schon dabei, die Szene beherrschen deshalb vor Ort trainierten Pferde: In den vergangenen sechs Jahren kamen von möglichen 36 Siegern in den sechs World Cup-Vorbereitungsrennen nicht weniger als 29 aus der Golfregion, wobei anzumerken ist, dass die für Goldolphin startenden Pferde der Trainer Saeed bin Suroor und Charlie Appleby auf das Konto der Vereinigten Arabischen Emirate gehen.

Es gab diesmal bei den Ergebnissen wieder ordentliche Überraschungen, das passiert dort unten öfter. Besonders hervor tat sich dabei der fünfjährige Wallach Blair House aus dem Godolphin-Stall, der vorher noch nie in einem Gruppe-Rennen gelaufen war und es im Jebel Hatta gleich zum Gruppe I-Sieger brachte, dabei sein Rating um 8 Pfund auf 115 (97,5 kg) steigerte. Erstaunlich auch der Sieg von North America im zweiten Gruppe I-Rennen des Tages, wobei vor allem die Art und Weise beeindruckte, mit der der Sechsjährige im Besitz des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow mit einem so guten Pferd wie Thunder Snow (Rating 118) umsprang und mit 5 1/4 Längen Vorsprung siegte. North America war schon fast fünf Jahre alt, als er im November 2016 von England nach Dubai wechselte und erst dort sein erstes Rennen gewann. Inzwischen steht er bei fünf Siegen, sein Rating ist dramatisch nach oben gegangen und liegt jetzt bei 118 (99 kg). Tierisch ernst sollte man diese Formen aber nicht nehmen. Wenn die Amerikaner wieder mit ihren Cracks kommen, wird das für den World Cup alles nicht reichen. West Coast (Rating 124) dürfte der Beste sein.

Als einziges Pferd aus Deutschland war an diesem Samstag Ross im Meilenrennen dabei, konnte aber wie schon bei seinen beiden Starts zuvor nichts ausrichten. Eine kleine deutsche Note gibt es vom Sprintrennen auf Sand zu vermelden, nicht nur wegen Adrie de Vries, der den fünfjährigen Wallach Jordan Sport aus Bahrein in Bahnrekordzeit von 1:10,18 zum Sieg ritt. Jordan Sports Mutter Wonder Why (von Tiger Hill) stammt aus der Ullmann-Zucht, wurde 2005 als Jährling in Deauville für 120.000 Euro abgegeben und brachte neben Jordan Sport vor allem den Hongkong Derby- und Hongkong-Cup-Sieger Akeed Mofeed. Im Testrennen für das Sheema Classic über 2400 Meter bestätigte der bei uns durch zwei Starts bestens bekannte Hawkbill seine Marke von 118 (99 kg) mit einem Kopf-Sieg gegen den guten, aber etwas unzuverlässigen Frontiersman.

* * *

Der Fantasie des Menschen sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt, wo kämen denn sonst die ganzen Fantasy-Bücher her. Warum also nicht einmal von Pferderennen über die Champs-Elysees, die Oxford Street oder Unter den Linden träumen? Okay – die Oxford Street hat sich erledigt, da hat das Westminster City Council nicht mitgespielt. In Paris ist man weniger kleinlich, dort stehen die Ampeln für das erste Straßenrennen über die Champs-Elysees auf Grün. Jedenfalls behauptet das France-Galop und arbeitet jetzt zusammen mit der britischen Firma „City Racing“ feste an einem Termin für das Spektakel an einem Sonntag Ende September diesen Jahres. Auf die Straße sollen Paletten gelegt werden, obendrauf kommt ein synthetisches Material. Selbstredend sollen alle Rennen streng nach den Regeln der Rennordnung gelaufen werden, mit Spitzenjockeys und Pferden mittlerer Klasse. Ob allerdings auch die Handicapper sich mit diesen Rennen beschäftigen sollen, darüber habe ich noch nichts gehört. Neuerdings hat sich auch „Racing New South Wales“ aus Sydney in die Diskussion eingemischt und spricht von Plänen eines Renntages mit sechs Rennen über die berühmte Sydney Harbour Bridge in zeitlicher Nähe zum zweiten „Everest“-Rennen, in dem es in diesem Jahr am 13. Oktober um A$13 Millionen gehen soll. Man will aber erst noch einmal abwarten, wie sich die Sache in Paris entwickelt.

Sydney Harbour Bridge
Sydney Harbour Bridge

Dabei sind Pferderennen über eine Straße ja gar nichts Neues. Man braucht nur am Rosenmontag kurz hinter Venlo über die deutsch-holländische Grenze in die Gemeinde Boxmeer zu fahren. Dort finden alljährlich die Rennen um „De Metworst“ statt, ein Ausscheidungswettbewerb mit mehreren Läufen, ähnlich den Match-Rennen in Hoppegarten. Zugegeben: es geht beim Mettwurstrennen recht rustikal zu, um die Rennordnung schert sich dort niemand und reiten dürfen nur im Ort geborene und getaufte Junggesellen. Unter den teilnehmenden Pferden findet man aber immer wieder echte, in Training befindliche Vollblüter. Das hat den Ordnungsausschuss des Direktoriums vor nunmehr 30 Jahren einmal zum Einschreiten bewogen und er hat den in holländischem Besitz befindlichen Wallach Lümmel nach einem Sieg am 27. Februar 1988 in einem Ausgleich IV in Krefeld disqualifiziert, weil er 12 Tage vorher an einem „wilden Rennen“ teilgenommen hatte, eben an jenem Mettwurstrennen in Boxmeer. Lümmel wurde für 12 Monate von der Rennbahn verbannt, fand aber nach einem halben Jahr Gnade und durfte wieder laufen. Die vier Kilo Aufgewicht für den verlustig gegangenen Sieg wurden aber nicht erlassen. Einen Eindruck vom Rennen gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=xjS4W2gWj7Y

 

Deutscher Galopp

Die neue Marke Deutscher Galopp (ehemals GERMAN RACING) bildet die große Dachmarke, unter der spannende Pferderennen und stimmungsvolle Veranstaltungen auf den deutschen Rennbahnen stattfinden. Gleichzeitig fungiert die Marke als Oberbegriff für den Galopprennsport in Deutschland.

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