Es schien, als hätten die Turffans dem Sonntag so richtig entgegengefiebert. Denn zum Start der Grasbahn-Saison 2015 am Sonntag platzte die Rennbahn Krefeld aus allen Nähten. Besser konnte zur Zuschauer-Zuspruch nicht sein. 6.000 Besucher weilten vor Ort.
Und das Publikum sah einen wahren Star, von dem man in den kommenden Wochen noch sehr viel hören durfte: Gestüt Schlenderhans einstige Derby-Hoffnung Ito gab in einem 2.050 Meter-Rennen eine Vorstellung der Extraklasse. Start-Ziel degradierte der von Filip Minarik gerittene Sohn des Derbysiegers Adlerflug die Gegner zu Statisten. Mit 16 Längen (!) marschierte der heiße 16:10-Favorit davon, ohne auch nur im Geringsten bemüht worden zu sein.
Es war beim fünften Auftritt der dritte Sieg des Vierjährigen, und sicherlich nicht der letzte. Trainer Jean-Pierre Carvalho: „Mit einem sehr guten Abschneiden hatte ich gerechnet, aber nicht mit einem derart überlegenen Erfolg. Es war ja mein erster Deutschland-Starter in diesem Jahr und für höchstwahrscheinlich Ito der Aufgalopp für ein Course B-Rennen in vier Wochen in Longchamp. Er ist ein spätes Pferd, dem 2014 noch die Kraft für die Derby-Route fehlte.“
Ein gutes Jahresdebüt zeigte auch Nadelwald als Zweiter, dürfte sicher bald noch mehr zeigen. Weit zurück präsentierte sich Casiro beim zweiten Start nach langer Pause deutlich gesteigert und hielt den nur noch an geschlagenen Pferden vorbeikommenden, nie zwingend wirkenden Ideal für Rang drei fern.
Nach dem 1.700 Meter-Ausgleich II durfte auch der Düsseldorfer Trainer Sascha Smrczek mit der Sonne um die Wette strahlen. Denn der von ihm vorbereitete fünfjährige Wallach Seewolf, im Besitz von Thomas Gehrig, zeigte eine imponierende Leistung. Start-Ziel ließ die 56:10-Chance nach optimaler Einteilung von Daniele Porcu der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance.
Schon Mitte der Zielgeraden stand der Erfolg fest. „Zuletzt in Dortmund auf Sand waren wir schon sehr enttäuscht mit seinem Laufen, aber er kam unterwegs auch aus dem Tritt. Auf Gras stand er ja schon länger zum Sieg in dieser Klasse. Er konnte sich das Rennen selbst machen und zudem den Konditionsvorteil ausnutzen“, erläuterte Smrczek, dessen zweites Pferd, die Stute Saturday, außen ebenfalls lange brandgefährlich wirkte und hinter dem innen gut anpackenden Pissarro Dritte wurde. „Sie hat sich toll zurückgemeldet, obwohl es nicht ihr Lieblingsboden war“, so der Trainer. Naaqueen, Volany und der aus bester Position stark abbauende Caesarion blieben wirkungslos.
Neutrainer Toon van den Troost wirkte nach dem Rennen für Arabische Vollblüter alles andere als überrascht, denn der im Besitz seines Vaters Robert stehende siebenjährige Wallach Shrek OA kam aus besseren Aufgaben und hatte letztlich keine Mühe in dieser 1.700 Meter-Prüfung. „Seine Arbeit war sehr gut, und besonders schwierig war die Aufgabe nicht“, kommentierte der Betreuer von 14 Rennpferden (rund eine halbe Stunde von Antwerpen entfernt befindet sich sein Stall). Bald stand der Treffer über Badi und Myrtille de Jura fest. Mit 59:10 fiel die Siegquote noch sehr attraktiv aus. Anna van den Troost, eine Schwester des Trainers, machte als Reiterin den Familien-Erfolg perfekt.
Vor einem Jahr gewann mit Lucky Lion ein späterer Gruppe I-Sieger das Dreijährigenrennen über 1.400 Meter. Und auch die Vorstellung von Stall Domstadts Ross (21:10, D. Porcu) war aller Ehren wert. Wie ein Pferd anderer Klasse verabschiedete sich der gleich beim ersten Start als Favorit angetretene Acclamation-Sohn von letzter Stelle auf der Geraden mit 15 Längen (!) von seinen vier Kontrahenten. „Er hatte im Training schon sehr überzeugt. Nun geht es in ein Listenrennen nach Düsseldorf. Wahrscheinlich sind Rennen bis zur Meile erst einmal sein Ziel“, ließ sein Trainer Peter Schiergen durchblicken. Sehr wacker zogen sich Aspasius und Meqlaam aus der Affäre. „beide Pferde sind vernünftig gelaufen. Der Sieger muss ein richtig gutes Pferd sein“, signalisierte ihr Coach Karl Demme.
Trotz einiger guter Vorstellungen hatten nur wenige die konditionsstarke Kingsalsa-Tochter Eyes on Me (E. Frank) im 1.700 Meter-Rennen für den Derby-Jahrgang auf der Rechnung, die zur absoluten Sensationsquote von 296:10 den ersten Treffer landete, alles andere als überraschend für ihren Trainer Reiner Werning: „Bei ihrem fünften Platz auf dieser Bahn war sie nur hinter guten Pferden gewesen. Und in Dortmund hätte sie bei besserem Rennverlauf im Dezember schon gewonnen. Ich hatte zur Besitzerin gesagt, wir können sie ruhig in einer Listen-Prüfung nennen. Aber jetzt geht es erst in einem Ausgleich weiter“, verriet Werning.
Mit starken Reserven hatte die Stute sich in der Endphase von den Gegnern gelöst. Der lange führende Ice Man Star kämpfte bis zum Schluss groß und verteidigte den Ehrenplatz gegen Kamaran, der einen ganz großen Moment hatte. Opus Lips schien kurz alle zu überlaufen. „Aber der Boden war wohl zu klebrig“, meinte Trainer Andreas Löwe. Der Favorit Sun at work zeigte sich wie schon beim Debüt als schwierig, warf schon in einer frühen Phase seinen Reiter Dennis Schiergen ab, der erfreulicherweise unverletzt blieb. „Er ging einfach geradeaus“, versicherte der Jockey.
Zum völlig verdienten Treffer kam der Iffezheimer Gast Huan (31:10, F, Da Silva) im Ausgleich III über 2.050 Meter. In der alles entscheidenden Phase war seinem Antritt keiner mehr gewachsen. „Ein ganz treuer Kämpe. Wir haben ihn heute auf dem sehr schweren Boden offensiver reiten lassen“, sagte Trainerin Marion Rotering. Anarchie hatte kurz alles für sich, auch Cyrus Sod blieb gut dabei, während der Favorit Passeto schnell weichen musste.
Im Stall von Peter Schiergen kommt Carde Ostermann-Richters Ottilie (33:10, V. Schiergen) immer besser in Tritt. Nach dem Sand-Treffer reichte es nun mit günstiger Marke auch in einem 2.200 Meter-Gras-Handicap. Vincenz Schiergen vertraute ganz auf den Speed der Shrek-Tochter und hielt den Veteran Shaw sowie den als Dritten deutlicher zurück folgenden Tivoli mit den allernotwendigsten Hilfen auf Distanz. „Wir sind glücklich, dass wir heute mit ihr gewonnen haben“, versicherte der Trainer.
So richtig Stimmung kam im ersten Jagdrennen der Saison auf, als Audientia (59:10, Matej Rigo) den Doppeltreffer für Trainerin Marion Rotering perfekt machte. Überlegen mit zwölf Längen machte sich die Stute von dem lange stark gehenden Favoriten Falconettei und Summernight Sky frei. „Wir wollten noch nicht nach Frankreich gehen, da ihr dafür vielleicht die Luft noch gefehlt hätte. Sie kann noch einiges bewegen“, meinte ihre Betreuerin.
Vor kurzem wurde die Akademie Deutscher Galopp ins Leben gerufen. Patrick Bücheler hat für die Sport-Welt mit Jochen Stargardt, dessen Unternehmen StarConTra die Schulungen federführend organisieren wird, und Jan Pommer von Deutscher Galopp gesprochen. Stargardt ist im Rennsport zudem recht neu als Besitzer aktiv, wie er im Interview verraten hat.
„Was wird aus den Rennpferden, die schon in jungen Jahren die Trainingsställe verlassen? Die meisten finden neue Aufgaben, wobei sich ausgerechnet die Corona-Pandemie als hilfreich erweist.“
Am Tag vor Heiligabend ist Alexandra Gutiérrez gestorben. Sie wurde 91 Jahre alt. Als diese Nachricht vor wenigen Tagen die Öffentlichkeit erreichte, musste man kurz innehalten – und aus der Stille heraus hörte man einen fernen Klang. Man hörte ihn nicht deshalb, weil er erst den weiten Weg von Uruguay über den Atlantik bis hierher finden musste. Der Klang glich vielmehr einem Raunen, das aus den Tiefen der Vergangenheit herübertönte in unsere Gegenwart und daran erinnerte, dass nunmehr eines der größten Kapitel aus der Welt der Vollblutzucht und des Galopprennsports endgültig zu Ende gegangen ist.
Die neue Marke Deutscher Galopp (ehemals GERMAN RACING) bildet die große Dachmarke, unter der spannende Pferderennen und stimmungsvolle Veranstaltungen auf den deutschen Rennbahnen stattfinden. Gleichzeitig fungiert die Marke als Oberbegriff für den Galopprennsport in Deutschland.